September 2019TEXT: Sarah KohlFOTO: Selina Meier

Jeder vierte Schweizer ist im Job gestresst – und niemand profitiert davon. Das Verhältnis von Belastung und Ressourcen ist weiter im Ungleichgewicht. Die Zahl der gestressten Mitarbeitenden wächst und mit ihr die unangenehmen Folgen für die betroffenen Personen, ihre Unternehmen und die Schweizer Wirtschaft. Doch wie kann man diesem Negativtrend positiv entgegenwirken?

 

Im Fachjargon spricht man bei Stress von einem Ungleichgewicht zwischen der (Arbeits-)Belastung und den zur Verfügung stehenden Ressourcen einer Person. Eine Studie der Gesundheitsförderung Schweiz ergab, dass der Job-Stress-Index 2018 bei 27,1 % lag: Mehr als jeder bzw. jede vierte erwerbstätige Schweizer/in fühlt sich in seinem Berufsalltag gestresst. 2016 waren es noch 25,4 %.

Für den einzelnen Mitarbeitenden bedeutet das eine erhebliche Einschränkung des Wohlbefindens. Chronische Dauerbelastungen können zu Krankheiten führen. Für Unternehmen bedeutet das hohe Verluste in der Produktivität. Die Kosten belaufen sich auf rund CHF 6,5 Mrd. pro Jahr, was etwa 1 % des Schweizer Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Gründe genug, um diesem Thema besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

 

Arbeitsstressoren lassen sich nicht immer einfach beeinflussen oder eliminieren. Umso wichtiger ist es, Mitarbeitenden aufgabenbezogene oder soziale Ressourcen zur Verfügung zu stellen. »
Dr. Beatrice Brunner von der ZHAW

Stress und sein Impact auf Unternehmen

Für Schweizer Unternehmen äussert sich der Stress ihrer Mitarbeitenden in Produktivitätseinbussen, einer erhöhten Unfallgefahr, höheren Fluktuationsraten, einem Mehraufwand in der Personalrekrutierung und mitunter sogar Umsatzeinbussen aufgrund unzufriedener Kunden. «Stress verursacht nicht nur persönliches Leid für die Betroffenen, sondern auch hohe Kosten für die Unternehmen», erklärt Prof. Dr. Thomas Mattig, Direktor von Gesundheitsförderung Schweiz.

Dr. Beatrice Brunner von der ZHAW, die an der Studie mitgearbeitet hat, erläutert: «Arbeitsstressoren lassen sich nicht immer einfach beeinflussen oder eliminieren. Umso wichtiger ist es, betroffenen Mitarbeitenden aufgabenbezogene oder soziale Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Mögliche Beispiele sind mehr Handlungsspielraum und Entscheidungsbefugnis sowie Wertschätzung und Anerkennung. Analysen haben gezeigt, dass damit vor allem in einem stressigen Arbeitsumfeld eine grosse, positive Wirkung erzielt werden kann.»

Um zu evaluieren, wo sich der Stresslevel in Ihrem Unternehmen befindet, hilft die «Friendly Work Space Job-Stress-Analysis» der Gesundheitsförderung Schweiz. Das wissenschaftlich validierte, praxiserprobte Online-Befragungsinstrument bietet einen Einblick in Ihren Status Quo und zeigt, wie Sie als Unternehmen Stressfaktoren gezielt reduzieren und Mitarbeiterressourcen stärken können.

Wie können Sie als Mitarbeitender Stress entgegenwirken?

  • Gönnen Sie sich Pausen.
    Während der Arbeitszeit, in der Freizeit und in den Ferien. Erlauben Sie sich, abzuschalten. Nehmen Sie sich bewusst Zeit für sich selbst und lassen Sie zwischendurch auch Ihr Smartphone einen Tag lang zu Hause.
  • Setzen Sie Prioritäten.
    Versuchen Sie zu kategorisieren, was wirklich wichtig und was wirklich dringend ist. Fokussieren Sie sich in erster Linie nur darauf. Alles andere kann und muss warten.
  • Stehen Sie für sich selbst ein.
    Trauen Sie sich, nein zu sagen, und kommunizieren Sie offen, wenn die Belastung Ihre Kapazität überschreitet.
  • Sorgen Sie für Ausgleich.
    Schaffen Sie neben dem Arbeitsalltag Momente der Entspannung. Treiben Sie Sport, atmen Sie im Yogaunterricht tief durch und achten Sie auf genügend Schlaf.
  • Geniessen Sie bewusst.
    Unterstützen Sie einen gesunden Lebensstil mit ausgewogener Ernährung.

2 Kommentare to “Stress im Arbeitsalltag und wie man ihm entgegenwirkt

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