Oktober 2019TEXT: Sarah SchumacherFOTO: Selina Meier

Laut einer Studie von ProFamilia können sich 9 von 10 Männern durchaus vorstellen, Teilzeit zu arbeiten. Aber nur rund 2 von 10 setzen dieses Arbeitsmodell auch wirklich in die Tat um. Zwar stieg der Anteil seit 1991 um rund 10 % auf heute 17,6 %, Teilzeit bei Männern gilt aber noch immer als Ausnahme. Wir haben mit drei Teilzeit-Männern gesprochen.

 

Jean-Francois Carbonneil-Redrezza, Andrés Noah Spörri und Thomas Schenkel arbeiten alle in einem Teilzeitpensum bei Lyreco. Die Gründe, weshalb sie weniger als 100% arbeiten, sind unterschiedlich. Sie alle sehen aber vor allem einen grossen Vorteil: mehr Zeit. Für die Familie genauso wie für sich selbst oder für soziales Engagement. Das motiviert auch bei der Arbeit.

Zeit für soziales Engagement

«Teilzeit bietet mir die Möglichkeit, meiner sozialen Berufung nachgehen zu können», erklärt Andrés Noah Spörri. Neben seinem 80%-Pensum als IT Support sammelt er ausgediente Computer, bereitet sie auf und schickt sie dann nach Afrika. Er und seine Familie leiten und unterstützen dort verschiedene Hilfsprojekte. Pro Jahr wird ein Container verschifft: Neben Computern befinden sich darin auch Kleider, Spielzeug, Bücher – und manchmal sogar ein Auto.

Um Job und Freizeit unter einen Hut zu bringen, braucht es eine offene Kommunikation und Gesprächsbereitschaft. »
Andrés Noah Spörri

Zeit für Hobby und Familie

Eine gute Koordination braucht auch Jean-Francois Carbonneil-Redrezza. Nebst seiner Funktion als Credit Manager im Kader von Lyreco in einem 90%-Pensum, hat sich der engagierte Vater einer neunjährigen Tochter dazu entschlossen, vermehrt Zeit in die Musik und das Gitarrespielen zu investieren. «Ich will Fortschritte machen, deshalb nehme ich wieder Gitarrenunterricht», erzählt er begeistert. Um Arbeit, Familie und Hobby unter einen Hut zu bringen, nutzt er seine Mittagspausen, um zweimal die Woche ins Schwimmen zu gehen.

Beim Schwimmen kann ich abschalten und fühle mich ausgeglichen. Oft kommen mir im Wasser Lösung für eine Aufgabe bei der Arbeit. »
Jean-Francois Carbonneil-Redrezza

Wie bringe ich alles unter einen Hut?

Auch Thomas Schenkel hat zwei Mädchen von sieben und fünf Jahren. Damit der IT Service Manager mehr Zeit mit seiner Familie verbringen kann, hat er sein Pensum auf 90 % reduziert. An seinem freien Nachmittag kocht er für seine Kinder das Mittagessen, danach bleibt Zeit für kleinere Ausflüge zum Beispiel mit dem Fahrrad. Das Zeitmanagement bleibt auch bei einem reduzierten Pensum eine ziemliche Herausforderung. Der Tipp von Thomas Schenkel dazu ist ganz pragmatisch: nicht alles gleichzeitig machen.

Als wir uns für Kinder entschieden haben, war meiner Frau und mir bewusst, dass wir unsere Hobbys einschränken müssen. »
Thomas Schenkel

Win-win für Mitarbeitende und Arbeitgeber

Obwohl Teilzeitarbeit ein gutes Zeitmanagement benötigt – manchmal vielleicht sogar etwas mehr als bei einer Vollzeitstelle –, liegen für alle drei Männer die Vorteile klar auf der Hand. «Die Mitarbeitenden sind motivierter und leistungsfähiger, da sie mehr Zeit für sich haben», glaubt Thomas Schenkel. Auch Andrés Noah Spörri sieht das so: «Teilzeit fördert die Motivation des Mitarbeiters und beeinflusst die Unternehmenskultur. Das kann besonders für jüngere Generationen interessant sein.»

Auf die Frage nach Verbesserungspotenzial meint Jean-Francois Carbonneil-Redrezza mit einem Augenzwinkern: «Wir werden im Alter immer fitter. Von daher darf man als junger Erwachsener ruhig mehr Zeit für seine Familie und die persönliche Entwicklung in Anspruch nehmen. Für die Karriere bleibt dann immer noch genügend Zeit.»

 

Aufgeschnappt

Der häufigste Grund für ein Teilzeitpensum bei Männern sind laut Bundesamt für Statistik Ausbildung und Studium (Männer: 17,5%; Frauen: 8,0%). Daneben sind familiäre Verpflichtungen (Männer: 6,3%; Frauen: 21,8%) und Kinderbetreuung (Männer: 6,1%; Frauen: 26,5%) weitere Motivationen für ein reduziertes Arbeitspensum.

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