Oktober 2018TEXT: Monika MingotFOTO: Selina Meier

Emsiges Treiben herrscht im Fricktal. 32 Bienenvölker besitzt die Stiftung MBF, die Menschen mit Behinderung Arbeits-, Beschäftigungs-, Ausbildungs- und Wohnplätze anbietet. Der produzierte Bio-Honig ist begehrt. Auch wir freuen uns auf die diesjährige Ernte und werden ausgewählte Partner mit dem “flüssigen Gold“ zu Weihnachten beschenken. Ein Geschenk, das zu den Nachhaltigkeitsbestrebungen unseres Unternehmens passt  – und eigens von unseren Mitarbeitenden verpackt wird.

Die Aufgaben der Imkerei werden hauptsächlich von Marcel Baumgartner, Imker und Mitarbeiter an einem geschützten Arbeitsplatz der Stiftung MBF, erledigt. Er schwärmt für seine Bienen, mit denen er seit 2014 arbeitet. Weil er selbständig ist, Freude, einen Führerschein und die notwendigen Voraussetzungen mitbringt, wurde der gelernte Gärtner vor ein paar Jahren angefragt, ob er die zweijährige Imkerausbildung absolvieren möchte. Anfangs erstaunt über das Angebot, ist er über seinen Schatten gesprungen und seit 2016 der erste Mitarbeitende an einem geschützten Arbeitsplatz der Stiftung MBF, der die Imkerausbildung absolviert hat. Sein Herz haben die Bienen im Sturm erobert. Er ist fasziniert von den intelligenten Insekten und strahlt, wenn er über seine Arbeit spricht.

 

Die farbigen Kästen geben den Bienen Orientierung.

 

Marcel Baumgartner, wie viel Kilogramm Honig erzeugen die Bienenvölker der Stiftung MBF pro Jahr?

Das hängt stark von meteorologischen Faktoren ab wie Regen und Temperatur. 2018 ist ein gutes Jahr. Bisher konnten wir 740 Kilogramm Honig erwirtschaften.

Wie viele Bienen umfasst ein Wirtschaftsvolk?

Starke Völker zählen in der Hauptsaison von Mai bis Juni bis zu 40‘000 Bienen. Da wimmelt und summt es nur noch. Als Faustregel gilt, dass man nicht mehr als 20 Völker an einem Standort halten soll. Deshalb haben wir drei Stände für unsere Völker. Die 32 Wirtschaftsvölker sind in Elfingen und Hornussen beheimatet, 20 Jungvölker halten wir in Stein.

Was fasziniert Sie an der Arbeit mit den Bienen?

So vieles, dass ich nicht weiss, wo ich anfangen soll. Am meisten fasziniert mich die enorme Leistung der Bienen – vor allem im Verhältnis zu ihrer Grösse. Höchst beeindruckend ist auch, wie ein Volk organisiert ist. Ich gebe ein Beispiel: Die Bienen lesen ihre Königin selber aus, indem sie ein Ei auswählen, das sie während der ganzen Entwicklungszeit mit einem speziellen Futtersaft aufziehen, dem Gelée royale. Dieser bewirkt einen enormen Entwicklungsschub. Entsprechend gross wird die Königin – und wird deshalb in der Regel vom Volk akzeptiert.

Arbeiterbienen im Bienenstock.

 

Der Rauch aus dem Smoker stellt die Bienen ruhig und erleichtert dem Imker die Arbeit am Bienenvolk.

 

Dank dem Schutzanzug ist der Imker auch bei nahem Kontakt mit den Bienen geschützt.

 

Wie sieht ein Imkerjahr aus?

Mit den ersten warmen Tagen im März steigt die Aktivität im Bienenvolk. Dann beginnt unsere Arbeit mit der Kontrolle der Völker. Im April, Mai legt die Königin Eier, das Volk wächst und bringt nach einer gewissen Zeit auch Nektar nach «Hause». Ab diesem Zeitpunkt benötigen die Bienen einen Honigraum. Ende Mai wird im Normalfall zum ersten Mal der Frühlingshonig geerntet und geschleudert. Das wiederholt sich Ende Sommer. Im Herbst beginnt bereits die neue Saison: Zeit für die Wintereinfütterung und die Behandlung gegen die Varroa-Milbe,die ganze Bienenvölker ausrotten kann. Unseren Bienen konnte sie bisher zum Glück nichts anhaben. Im Winter erfolgen Aufräum- und Putzarbeiten: Rahmen drahten, Wachsplatten herstellen und einlöten, Bienenkastenvorbereiten, alte Waben einschmelzen, regelmässige Winterkontrolle der Völker. Diese Arbeiten dauern bis in den März. Während des ganzen Jahres verkaufen wir natürlich den Honig in unseren Läden der Stiftung MBF in Stein und Frick.

Spüren Sie jeweils, ob es den Bienen gut geht?

Ja, man merkt, wenn das Volk unruhig ist. Das Wetter hat einen Einfluss, der Mond und natürlich der Imker selbst.

Sind Bienenstiche für Sie an der Tagesordnung?

Als Imker rechnet man damit, gestochen zu werden. Ich reagiere zum Glück nicht allergisch. Letztes Jahr wurde ich zwölfmal gestochen, mit zunehmender Erfahrung sollten es weniger Stiche werden. Jene der Wächterbienen im Bienenhaus sind übrigens schmerzhafter als die von Bienen in der freien Natur. Zum Schutz trage ich einen Imkeranzug. Es gibt Imker, die darauf verzichten. Mir gibt er Sicherheit, ich verhalte mich ruhiger, was einen positiven Einfluss auf die Bienen hat.

Wie entstehen die unterschiedlichen Arten von Bienenhonig?

Beim Blütenhonig fliegen die Bienen im Frühling von ihrem Standort aus in die Natur und holen sich den Nektar überall dort, wo sie etwas finden. Beim Sortenhonig, wie beispielsweise Lavendelhonig, sammelt eine Biene an einer Lavendelblüte, fliegt zum Volk zurück und orientiert die Arbeiterinnen mittels Schwänzeltanz, wohin sie fliegen müssen. Dann macht sich das ganze Volk auf den Weg und sammelt den Lavendelnektar so lange, bis nichts mehr übrig ist. Dieser wird dann geschleudert, bevor der nächste Blütennektar eingebracht wird. Unser Sommerhonig setzt sich, gleich wie der Blütenhonig im Frühling, aus verschiedenen Blüten zusammen. Beim cremigen Honig bricht man durch spezielles Rühren die Kristalle und erreicht so, dass er nicht mehr kristallisiert und schön cremig wird. Das ist ein spezielles Verfahren.

 

Auch das Abfüllen des Honigs gehört zu den Aufgaben des Imkers.

 

Marcel Baumgartner ist dankbar, dass er die Ausbildung zum Imker absolvieren durfte.

 

Marcel Baumgartner ist Mitarbeitender an einem geschützten Arbeitsplatz in der Stiftung MBF. Der gelernte Gärtner hat vor zwei Jahren den Imkergrundkurs abgeschlossen und betreut als zweiter Betriebsimker der Stiftung die Bienenvölker. Die Arbeit mit den Bienen macht ihm grossen Spass, und er ist sehr dankbar, dass er sie ausführen darf.

Über die Stiftung MBF

Die Stiftung MBF bietet Menschen mit Behinderung vielfältige und den Bedarfen angepasste Arbeits-, Beschäftigungs-, Ausbildungs- und Wohnplätze sowie eine angemessene Begleitung in lebenspraktischen und gesundheitlichen Bereichen an. Unterschiedliche Arbeitsgruppen sind in den Geschäftsfeldern Mechanik, Montage, Schreinerei, Verpackung und Konfektionierung sowie auch im Garten- und Landschaftsunterhalt angesiedelt. Seit 2012 produziert die Stiftung MBF Honig nach den Bio-Suisse-Richtlinien und seit 2018 zusätzlich mit dem Siegel für Qualitätshonig der apisuisse. An den Standorten Elfingen, Hornussen und Stein werden aktuell 52 Bienenvölker beherbergt. Die Imkerei weckt grosses Interesse bei den Mitarbeitenden an den geschützten Arbeitsplätzen. Insbesondere die «Schleudertage» sind ein Highlight.

Aus Holz. Von Stein. Mit Sinn.

Neben dem Honig ist die Stiftung MBF auch auf die STEIN MADE-Produkte für die Küche stolz. STEIN MADE steht für hochwertige Alltagsprodukte, die von Menschen mit Behinderung in den Werkstätten hergestellt werden. STEIN MADE-Produkte lassen sich mit einem Firmenlogo «branden». Weitere Informationen finden Sie auf der STEIN MADE-Webseite.

Interessieren Sie sich für die Imkerei, den Bio-Honig oder die STEIN MADE-Produkte?

Christoph Egloff, Leiter Verkauf – Produktion, berät Sie gerne: Telefon 062 866 12 70 oder cegloff@stiftung-mbf.ch.

Wie entsteht eigentlich Honig?

Weil Pflanzen bestäubt werden müssen, locken sie Bienen mit ihrem Nektar an. Diesen saugen die Bienen auf und verarbeiten ihn in ihrem «Honigmagen» mithilfe von Enzymen weiter. Den angereicherten Nektar spucken sie anschliessend in ihrem Bienenhaus wieder aus. Dort reift er zum fertigen Honig heran, bis er von den Imkern geerntet und geschleudert wird.